Transkript zu: Wojtek der Bär

2018-03-15

Transkript zur Episode: Wojtek der Bär

Intro: Heldendumm, der Geschichtspodcast, nachdem niemand gefragt hat.

Daniel: Hallo Philip!

Philipp: Hallo Daniel!

Daniel: Stell dir mal vor: Wir haben 1942.

Philipp: Schlimme Zeit, sehr schlimme Zeit. 

Daniel: Stell dir mal vor, du bist auch noch ein polnischer Soldat

Philipp: Noch schlimmere Zeit. 

Daniel: Ist es auch schlimm, wenn du irgendwo im Iran bist?

Philipp: Es ist vielleicht warm, aber so richtig Bock hätte ich trotzdem nicht. Mit dieser ganzen Ausrüstung… Da muss man ja Atemschutzmaske tragen – nicht weil die Luft so dünn ist, sondern wegen dem Vordermann! Also nee, der hätte kein Lust drauf.

Daniel: Jetzt stell dir mal vor: Du liegst da mit deiner kompletten Ausrüstung irgendwo im Graben, und plötzlich kommt ein kleiner Junge auf dich zu.

Philipp: Ich kenne diese Stories, ich weiß, wo das endet!

Daniel: Dieses Mal nicht! Ich sag dir, dieses Mal nicht. Denn dieser kleine Junge – der ist weder ein Horrorfilm-Junge, noch ein kleiner Bombenträger. Der hat ein kleines Tier bei sich – vielleicht ein Haustier, vielleicht nicht ganz. Der hat einen kleinen Bären dabei, einen kleinen Braunbären!

Philipp: Meine Güte, das ist ja gefährlich!

Daniel: Entschuldigung – nicht Braunbär, syrischen Bär! Im Iran!

Philipp: Das ist schon Migration auf höchstem Niveau. Ich glaube, da sollte man direkt die Grenzen dicht machen.

Daniel: Und jetzt stell dir mal vor: Du bist ja dieser polnische Soldat, und dieser kleine Junge kommt – und er hat Hunger. 

Philipp: Der Junge… oder das Tier?

Daniel: Der Junge! Also das Tier bestimmt auch, aber der Junge hat Hunger. Gibst du dem Essen?

Philipp: Ich sage ihm: “Nimm doch deinen syrischen Bären da!”

Daniel: Was ist, wenn der Junge sagt: “Nimm du meinen syrischen Bären, gib mir Rationen”?

Philipp: Was soll ich mit deinem scheiß Bären? Lass deinen Bären da!

Daniel: Was ist aber, wenn der Bär dich mag? Der Bär kommt zu dir und benimmt sich wie ein Hund. Also der kommt zu dir und riecht an dir, leckt… vielleicht nicht, aber er freundet sich mit dir an. Man sieht sofort: Der Bär mag dich, und der Bär möchte bei dir bleiben. Und du hast auch was zu essen, und der Bär hat auch Hunger. Nimmst du dem Jungen den Bären ab?

Philipp: Damit die Geschichte weitergeht? Wahrscheinlich.

Daniel: Was machst du mit dem Bären? Was macht ein polnischer Soldat im Iran mit einem syrischen Bären?

Philipp: Ist doch ganz klar! Erstmal muss er natürlich auf alle möglichen Fähigkeiten trainiert werden. Das heißt, ich trainiere ihn zu der absoluten Killermaschine, die er sein sollte. Vielleicht auch mit bionischen Verbesserungen, dass er irgendwie so eine Hightech-Schnauze hat mit so einer Faust drin, die dann ausfährt, wenn ein Gegner kommt.

Daniel: Sonst noch was? 

Philipp: Die Frage, die ich mir stelle: Wo verrichtet dieser Bär denn seine Notdurft? Der ist ja nicht im Graben rein.

Daniel: Ich denke mal, Bären haben es ja mit Bäumen – die kratzen sich an Bäumen. Ich glaube, die machen wie Hunde an den Bäumen.

Philipp: Aber gut, das ist im Iran – also kann man nicht von einem großen Forst ausgehen. Aber irgendwo muss der Bär ja vorher gelebt haben.

Daniel: Aber wie wär’s, wenn du, bevor du dir Gedanken darüber machst, wo er gelebt hat – wie wär’s, wenn du diesem Bären auch einen Namen gibst?

Philipp: Teddy?

Daniel: Aber das ist ein Soldatenbär! Das ist ein Bär von einem Soldaten! Also das muss… du musst ihm ja einen mächtigen Namen geben!

Philipp: Da gibt es jetzt mehrere Möglichkeiten. Also ich meine, ich bin Pole, und ich habe einen Bären, und ich soll meinem Namen geben… “Kurwa”? 

Daniel: Das ist auf jeden Fall ein Name mit starkem Klang! Also jetzt nicht unbedingt “Kurwa”, aber es wäre eine Möglichkeit. Aber wenn du jetzt auch heutzutage merkst – die Polen, die sind ja so sehr nationalistisch. Die sind sehr geprägt nach dem Motto: “Hey, wir sind das Volk!”

Und wenn ich jetzt noch einen polnischen – bzw. nennen wir es adoptierten polnischen Bären… 

Philipp: Er nennt doch nicht den Bären “Polska” oder so, aber er nennt ihn… 

Daniel: Weißt du, wie er ihn nennt? Weißt du, wie du ihn nennst, du polnischer Soldat im Iran?

Philipp: Wie nenne ich meinen Bären?

Daniel: Du nennst deinen Bären “Wojtek”! Und “Wojtek” bedeutet “der Kriegerische”, “der Kämpfer”, “der Kriegerische” halt. Du hast halt jetzt Wojtek.

Das Problem ist aber: Es ist 1942, es herrscht Krieg, 

Philipp: Hashtag Krieg.

Daniel: Hashtag Krieg! Es Hashtag Krieg gerade, es ist Hashtag 1942 und es ist Hashtag Hunger, denn der Bär hat nichts zu essen. Was fütterst du diesen Bären?

Philipp: Meinen Arm?

Daniel: Aber es ist ein guter Bär, der mag dich. 

Philipp: Es ist ein guter Bär, der mag mich! Gut, dann… 

Daniel: Polnischer Soldat im Iran – was isst du denn?

Philipp: Ich esse wahrscheinlich irgendwelche Bohnenrationen, die mir da aus Osteuropa gesendet wurden.

Daniel: Was ist, wenn der Bär das nicht will? Was ist, wenn der Bär nicht das Essen will, sondern das, was du zur Unterhaltung benutzt? 

Philipp: Er will Zigaretten essen!

Daniel: Er will Zigaretten essen und Bier!

Philipp: Also da stelle ich mir die Frage: Was ist das bitte für ein Bär?

Daniel: Ein syrischer Bär, offensichtlich!

Philipp: Meine Güte, das ist ja furchtbar!

Daniel: Und da stellt sich die Frage: Wenn du jetzt Bier und Zigaretten dem Bären gibst, was macht er damit? Trinkt das Bier bestimmt, isst die Zigaretten auch, raucht sie auch?

Philipp: Das ist die Frage, die man sich stellen muss! Im Iran – der Sand ist ja heiß, also da kann man sich vielleicht mal eine anstecken, richtig?

Daniel: Da gehe ich auch stark von aus, dass man…

Philipp: Ich stelle mir vor, wie dieser Bär diese Zigarette im Maul durch den Schützengraben läuft und wartet, dass ihm irgendwer ein Feuerzeug hinhält.

Daniel: Dazu müsste ein Bär aber so einen höheren Rang haben eigentlich, ne? Das ist ja nur ein einfacher Bär, der ist ja der Untergebene sozusagen, der ist ja ein kleiner Bär.

Pass auf: Du gibst dem Bär von mir aus die Ration, du gibst dem Bär Zigaretten und Bier. Was meinst du, wie lange geht das gut?

Philipp: Eine gute Frage! Ich glaube, dass so ein Bär vielleicht… Also das kann nicht lange gut gehen, mal ganz ehrlich. Also ich gebe dem Bären vielleicht eine Woche, vielleicht zwei.

Daniel: Es ist 1944. Die Soldaten müssen sich leider von dem Bären trennen, denn es ist der 14. April 1944, und sie müssen leider nach Neapel. Leider können sie den Bären nicht mitnehmen aus verschiedenen Gründen. Der hat schon zwei Jahre bei denen gelebt.

Du bist jetzt immer noch der Soldat – du bist nicht James Ryan, du bist vielleicht Jacek Kowalski. Aber es ist 1944, und du musst los. Du musst jetzt nach Neapel, nach Italien. Du wirst zu Schiff befördert. Aber wie gesagt, du kannst den Bären nicht mitnehmen, weil auf dem Schiff werden halt keine Tiere geduldet. Es werden keine Ziegen mitgenommen, es werden keine Hunde mitgenommen, es werden keine Bären mitgenommen. Da werden auch keine anderen Menschen mitgenommen – nur Soldaten.

Philipp: Wahrscheinlich wird ja irgendeine Form von Fracht geben. Oder ich pack den Bären in eine Kiste, gebe ihm ein paar Beeren, damit er essen kann, und dann kommt er in die Kiste und dann kommt er mit!

Daniel: Geht leider nicht! Also das wird auch überprüft. Wenn du den Bären mitnehmen willst, dann musst du schon auf einer sehr legalen Weise machen. Und wie ich bereits sagte: keine Tiere, keine Zivilisten, nur Soldaten sind erlaubt. Was machst du?

Philipp: Ich buche dem Bären ein Bären-Ticket!

Daniel: Es sind ausschließlich nur Soldaten geduldet auf diesem Schiff!

Philipp: Dann mache ich den Bären einfach zum Soldat!

Daniel: Exakt! Also 1944, am 14. April, wurde ein Antrag erstellt, um Wojtek in die polnische Armee aufzunehmen und zum Unteroffizier zu machen.

Philipp: Zum Unteroffizier gleich? Meine Güte!

Daniel: Wenn schon, denn schon! Das muss ein wichtiger Soldat sein!

So, was denkst du, ist passiert?

Philipp: Er wurde befördert! Also erst wurde er befördert von Iran nach Neapel, und dann wurde er befördert zum Oberoffizier?

Daniel: Nee, tatsächlich… Tatsächlich ist das allererste: Er wurde mitgenommen als Unteroffizier, wurde angenommen in der polnischen Armee. Er ist ein offizieller Soldat der polnischen Armee, und es ging nach Neapel. Und kaum einen Monat später gab es die Schlacht um Monte Cassino.

Du hast jetzt diesen Bären dabei, der… Ich weiß ja nicht, was du die letzten zwei Jahre mit dem Bären gemacht hast irgendwo im Iran – das ist wahrscheinlich auch nicht legal, was du da gemacht hast. Aber du bist jetzt mitten in der Scheiße, sage ich jetzt. Es ist eine Schlacht, und ihr müsst da was verteidigen. So ein Bär, der ist ja eigentlich gar nicht so nützlich dort, oder?

Philipp: Wie gesagt, wenn ich mein Superkampfbär mit Boxhandschuh in der Schnauze habe, dann ist der super sinnvoll! Oder ich geb dem Bär einfach ein Gewehr! Deswegen heißt er ja “der Bär”, weil das reimt sich auf “Gewehr”! Das ist dann mein “Gebär”!

Daniel: Der war nicht so gebärfreudig, der Bär…

Philipp: War auch alleine, ne?

Daniel: Richtig! Aber was kann ein Bär gut, was ein Mensch vielleicht nicht so kann?

Bär ist stark, ne? Der Bär ist stark! Also gibst du ihm ein paar Munitionskisten, und wenn du ihn zwei Jahre trainiert hast, kann er bestimmt auch ein paar Munitionskisten schleppen.

Oder auch nach der Schlacht… Sorry, ich muss lachen, wenn ich meine Notizen gucke. Es ist nachts – es ist Nacht der Schlacht. Die Schlacht ist vorbei. Schlachtnacht. Es ist quasi Nacht. Nach-Schlacht-Nacht. Nach-Schlacht-Nacht. Und du schläfst mit deinen Kameraden in deiner Kaserne, und der Bär schläft auch irgendwo draußen. Und plötzlich hörst du Krach draußen, und du gehst raus und siehst, dass dieser Bär auf einem Soldaten – quasi auf einen Soldaten einprügelt mit seinen Krallen, also quasi den Soldaten aufschlitzt. Und du denkst dir: “Wojtek, was machst du?”

Stellt sich heraus: Dieser Soldat war ein arabischer Spion!

Philipp: Was ist das bitte für ein Bär? Bist du sicher, dass das ein Bär ist? 

Daniel: Es war kein Mann in Bärenverkleidung?

Philipp: Ein Mann in… Ich warte immer noch auf diese Auflösung: Das ist ein Mann im Bärenkostüm! Das kann doch nicht sein, mal ehrlich! 

Daniel: Also wir reden gerade hier von einem Nationalhelden! Ich bitte dich! Übrigens, du hast ja schon gesagt, Wojtek war ja bisschen… er war alleine, ne? Hatte ja keine Freunde zum Spielen, also keine Artgenossen. Also hat man sich gedacht: “Pass auf, wir haben Wojtek, besorgen wir ihm doch einen Freund! Besorgen wir noch einen Bär!”

Dieser Bär war “Michał” – der polnische Name für Michael. Bleiben wir bei Michael. Wojtek und Michael haben sich kennengelernt, aber es funkte zwischen denen nicht so. Also irgendwie mochte Michael nicht…

Philipp: Auch ein arabischer Spion vielleicht?

Daniel: Das weiß man nicht, den konnte man leider nicht stellen. Aber man hat festgestellt: Wojtek mochte Michael nicht. Michael hat Annäherungsversuche gewagt, aber Wojtek… Wojtek ist Krieger! Hat gesehen: “Die Menschen, die Polen, die polnischen Soldaten und ich – wir sind cool! Michael hat hier nichts zu suchen!”

Philipp: Absolut!

Daniel: Also wurde Michael abgegeben?

Philipp: Das ist absolute Bärendiskriminierung!

Daniel: Es ist total… Vor allem: Was machst du mit dem zweiten Bären? Also du hast… Ich weiß ja nicht, wo die ihn her hatten, aber du bekommst, du organisierst Bären, und deine beiden Bären vertragen sich nicht. Was machst du mit dem anderen Bären dann?

Philipp: Superkampfmaschine! Also jetzt Munitionskisten tragen. 

Daniel: Das Problem ist: Sobald er das Territorium von Wojtek betritt, wird er verscheucht. Also er ist nicht nützlich, zumindest nicht irgendwo um Monte Cassino herum.

Philipp: Dann würde ich einfach sagen: “Okay Bär, du kommst auch in die Armee, und Wojtek wird dein Befehlshaber, und du musst dich dann dem fügen, was der sagt.”

Daniel: Was ist, wenn Michael aber irgendwie nicht so krass ist wie Wojtek? Er ist kein guter Soldat, das… mit dem kannst du echt nichts anfangen. Was machst du mit Tieren, mit denen du nichts anfangst?

Philipp: Tiere, mit denen man nichts anfangen kann, sperrt man normalerweise in einen Käfig und nennt sie “Vögel”. In diesem Fall wahrscheinlich “Zoo”!

Daniel: Richtig! Also Wojtek wurde nach Tel Aviv abgegeben… Nicht Wojtek! Entschuldigung – Michael! Michael wurde nach Tel Aviv in den Zoo abgegeben.

Aber hey, die Polen geben nichts umsonst. Die hätten gerne was anderes als Bären. Also die haben an Bären… haben sich so ein bisschen verbrannt, zumindest an Nicht-Wojtek-Bären. Also haben sie einen Affen bekommen.

Philipp: Haben die eigentlich auch mal… Also haben die auch gekämpft, oder haben die sich nur irgendwie in irgendwelchen Tierstudien verhamstert?

Daniel: Ich konnte in meiner Recherche keine Hamster finden, aber die haben Affen bekommen – “Kaska”, ein weiblicher Affe. Was mit diesem Affen passiert ist, weiß ich leider nicht. Ich habe tatsächlich meine Recherche an dem Punkt abgebrochen, wenn es um tierische Begleiter von polnischen Soldaten geht.

Deswegen, auf jeden Fall bekam Polen… Ich denke mal, dieser Affe hat vielleicht einmal kurz salutiert und ist dann in einen Zoo gewandert – irgendwo in Polen, vermute ich jetzt mal.

Aber wir sind immer noch im Krieg! Jetzt muss man überlegen: Der Krieg herrscht und alles ist schlimm. Aber hey, du hast den Bären! Und so langsam verliert das Dritte Reich so bisschen an Macht, und irgendwann ist der Krieg vorbei. Was machst du dann mit diesem Bären? Er ist ein Soldat, er trägt Munitionskisten, er stellt Spione… Was machst du?

Er lebt um zu kämpfen! 

Philipp: Er bekommt eine Augenklappe und wird zu einem internationalen Söldner!

Daniel: Das könnte man machen! 

Philipp: Andererseits, alternativ wäre natürlich: Er bekommt ein Büro und muss ab jetzt Schreibtischarbeit machen. Das ist aber, glaube ich, ein bisschen langweilig. Dementsprechend würde ich sagen: Er kämpft einfach weiter in den Kriegen, die es halt so gibt.

Daniel: Die Polen haben es versucht… 

Daniel: Oder er muss an die Berliner Mauer! Der könnte die Mauer gut abtragen. Aber ich glaube, so lang lebten Bären nicht. 

Philipp: Schade!

Daniel: Aber wir haben jetzt Wojtek, und der Krieg ist vorbei. So, er kann zwar nicht kämpfen, aber das, was er gut gemacht hat – also Munitionskisten schleppen – kann er bestimmt immer noch. Also da er ja einen Militärausweis hat, kann er ja ganz normal mit Schiff fahren. Also wurde er nach Schottland gebracht ins Militärlager Winfield Camp, und dort hat er Kisten geschleppt für die Polen.

Denn die Polen haben sich gedacht: “Ja gut, was machen wir jetzt? Die polnische Armee gibt’s noch, Polen gibt’s ja zum Glück noch. “Hey, wir haben den Krieg irgendwie überlebt”, und Wojtek… Wojtek schleppt halt Kisten.” Ist halt jetzt ein syrischer Bär, der von Polen aufgenommen wurde, in Schottland, und schleppt Kisten für die Polen.

Später, nach dem Zweiten Weltkrieg, hat man ja gemerkt: “Polen ist ja so ein bisschen klein geworden, die Gebiete sind nicht mehr so ganz da.” Und man hat sich gedacht: “Pass auf, Polen, die brauchen ja gar keine Armee mehr!” 

Philipp: Das ist aber böse!

Daniel: Man löst diese Armee auf.

Und Wojtek? Er ist quasi ein Veteran. Aber ich meine, was macht ein Veteran nach dem Krieg? Er versucht vielleicht für den Frieden zu kämpfen, vielleicht versucht er irgendwie Leute zu motivieren, zu belehren darüber, was man richtig macht, was man nicht macht. Wird vielleicht Söldner.

Aber da Wojtek schon eh in Großbritannien war, da wurde er in den Zoo gesteckt.

Philipp: Das ist aber böse! Der hat aber so viel Gutes getan, und dann kommt er einfach in den Zoo!

Daniel: Dort wurde er quasi Zoo-Tier. Ein Zeichen, um den Leuten zu zeigen: “Hey, guck mal, ich bin der starke polnische-syrische…” Su-bär?

Philipp: Richtig! Su-bär!

Daniel: Wojtek hat sich halt zur Ruhe gesetzt – oder gelegt. Ihm wurde wahrscheinlich noch ein Bierchen spendiert, so nach dem Motto: “Hey, du bist jetzt…” Kippe und eine Kippe! Du musst dir vorstellen: Er ging in sein Gehege, hat sich eine Kippe angezündet, hat sich ein Bier genommen, hat sich vor den Fernseher gesetzt und gesagt: “Der Scheiß interessiert mich nicht mehr! Ich habe den Krieg gewonnen – oder überlebt – alleine! Ich habe quasi mit Artillerie geschossen, ich habe Spione gestellt, ich habe alles gemacht, was ich machen konnte!”

Und ich meine, ein Veteran ist wie ein Rentner – er lebt, wo er sich hinlegt, bis er stirbt, oder?

Philipp: Im Prinzip, ja! Die Frage, die ich mir jetzt stelle: Bekommt dieser Bär denn auch noch diese Veteranenpension? Diese… den… also Sold?

Daniel: Sold-te er? 

Philipp: Soldte! Sollte er… Jedes Mitglied der Armee bekommt Sold, dementsprechend bekommt dieser Bär auch Sold oder nicht? Wie hoch ist seine Bärsoldung?

Daniel: Ich glaube tatsächlich, es gibt Leute, die für ihn die Finanzen gemacht haben! Wie ich meine… das ist ein Volk! Er hat bestimmt eine Assistentin gehabt – oder einen Assistenten, ne? Obwohl 1947… ist wahrscheinlich noch eine Assistentin gewesen, ne? 

Philipp: Wahrscheinlich, ja!

Daniel: Ich denke mal, die Assistenz von Wojtek hat wahrscheinlich alles für Bier und Kippen ausgegeben für ihn.

Aber dann ist die Frage: Ich meine, was meinst du, wie lange lebt so ein Bär noch von Bier und Kippen, wenn er nicht kämpfen kann, wenn er nicht seiner Passion nachgehen kann?

Philipp: Das weiß ich gar nicht. Weiß ja nicht, wie alt Bären werden. Ich würde sagen, das macht ihn schon fertig – das macht ihn fertig, ne?

Daniel: Ich meine, wir haben 1947. Wie lange gibst du ihm denn noch?

Philipp: Die 50er erreicht er…?

Daniel: Es tut mir leid, aber Wojtek verstarb mit 22 Jahren am 2. Dezember 1963.

Philipp: Das ist nicht schlecht! 

Daniel: Ein Veteran durch und durch.

Philipp: Der dann wahrscheinlich auch noch in seiner Todeszeit dann Interviews gegeben hat, wo er dann über den Krieg erzählt hat, wahrscheinlich!

Daniel: Man hatte auch schon vorher – so wie du quasi sind davon ausgegangen – er wollte gemacht… wahrscheinlich nicht lange haben – schon mal Nachruf geschrieben und immer wieder aktualisiert.

Philipp: Was heißt denn “so wie ich”? Mache ich sowas?

Daniel: Nein, nein! Aber du meintest ja, er wird wahrscheinlich nicht so lange…

Philipp: Ach so, ja ja! Aber ich schreibe auch Nachrufe auf Leute, die noch gar nicht tot sind – so wie auf dich zum Beispiel.

Daniel: Irgendeiner muss es ja machen!

Philipp: Absolut!

Daniel: Aber kommen wir zurück zu Wojtek. Wojtek ist verstorben. Was denkst du, was passiert, nachdem ein Bär, der seit 16 Jahren in einem Zoo gesessen hat…? Da wird wahrscheinlich keiner mehr wissen, was mit ihm passiert ist, oder?

Philipp: Staatsbegräbnis! Und dann wird die polnische Hymne gespielt, und dann wird so eine Bärenfahne gehisst. Und in dem Moment wird dann “My Bear Will Go On” oder sowas gespielt…

Ach ne, das gab’s damals noch nicht! Aber das ist egal.

Daniel: Aber sowas ähnliches ist wahrscheinlich passiert, denn es gab ja auf jeden Fall irgendwie so eine… Also irgendjemand ist bestimmt darauf aufmerksam geworden, ne? Wie zum Beispiel alle britischen Radiosender, die darüber berichtet haben! Komplett Großbritannien hat darüber berichtet!

Wojtek wurde in Polen zum Nationalhelden ernannt! Es wurden 14 Statuen von ihm erbaut und aufgestellt – weltweit! Wojtek ist der Protagonist in zwei Verfilmungen! Es wurden sechs Songs über Wojtek geschrieben!

Philipp: Bitte was? Ich möchte diese Songs bitte hören!

Daniel: Also Wojtek ist eine wichtige Person in unserem Leben geworden. Vor allem jetzt in deinem, wo du seine Geschichte kennengelernt hast.

Ich sag’s mal so: 1963 – irgendwann mal werden solche Geschichten ja irgendwann verschwinden. So wie… Also ich meine, jetzt vor 20 Minuten hast du wahrscheinlich noch nichts von Wojtek gehört gehabt, oder?

Philipp: Richtig, absolut! Das ist jetzt natürlich auch 55 Jahre her. 

Daniel: Natürlich! Deswegen… Also Zeit vergeht, und ich denke mal, die Generationen heutzutage werden nicht mehr von Wojtek wissen. Deswegen…

Philipp: Wahrscheinlich weil die Filme auch schlecht sind

Daniel: Ich habe sie mir natürlich noch nicht angeguckt. Deswegen, ich denke mal, dass das die Aufgabe der Person ist, die diese Geschichte interessant findet, sich natürlich darüber noch mal ein bisschen zu informieren.

Aber man glaubt es nicht: Wojtek ist immer noch heutzutage ein Gesprächsthema! 

Philipp: In welchem Kontext?

Daniel: Du kennst dich so ein bisschen mit Videospielen aus, oder? 

Philipp: Hin und wieder?

Daniel: Sag dir “Hearts of Iron” irgendwas?

Philipp: Ich hörte davon!

Daniel: Es ist ein Strategiespiel, wo du im Endeffekt unterschiedlichste Armeen, unterschiedlichste Schlachten nachspielen kannst und so weiter und so fort. Und man glaubt es kaum, aber Wojtek ist einer der freispielbaren Offiziere in diesem Spiel!

Philipp: Absolut zurecht! 

Daniel: Zurecht! Ich meine, wer sonst könnte die polnische Armee in den Sieg führen im Zweiten Weltkrieg? Ich meine, ich glaube, das ist keine… Das ist eine Frage, die man nicht beantworten muss, oder?

Philipp: Das kann man einfach so stehen lassen, denke ich.

Daniel: Wäre auch ein guter Abschluss für diese Geschichte!

Philipp: Ich bin fasziniert von diesem Bären, und ich weiß schon, als was ich nächsten Karneval gehe – nämlich natürlich als Wojtek!

Daniel: Ist das ein respektvoller Umgang mit der polnischen Geschichte?

Philipp: sich an Karneval als Bär zu verkleiden?

Daniel: Nein! Als Wojtek! 

Philipp: Als Wojtek! Das weiß ich nicht, aber an Karneval werden natürlich die bösen Geister des Krieges vertrieben, und dementsprechend – wer könnte das besser als dieser Bär?

Daniel: Das ist wohl wahr! Und ich würde sagen, das war ziemlich dumm, oder?`

Philipp: Das war relativ dumm, ja! Allerdings! Ich meine, ein Bär… hatte der auch so eine Uniform eigentlich?

Daniel: Es gibt Bilder von diesem Bären! Es gibt Bilder von Wojtek, und die verlinke ich auch noch in unserem Beitrag zu diesem Podcast – und alle anderen Quellen übrigens auch. Dort gibt’s Bilder von Wojtek – schwarz-weiß Bilder, wo er halt in seiner üblichen Uniform sitzt. In seinem Fell.

Philipp: Gut, das hatte ich jetzt erwartet!

Daniel: Übrigens, es gibt einen Verband von Logistikern – also von einem Logistikbataillon in Polen – welches den Bären mit einem großen Artilleriegeschoss zwischen den Pfoten haben… Bären haben Krallen? Wie nennt man das? 

Philipp: Tatzen?

Daniel: Tatzen!! Im Arm! Der Bär hält ein riesen Artilleriegeschoss im Arm, und dort hatte er auch eine Uniform an. Also teilweise… es gibt Darstellungen von ihm in einer Uniform, es gibt Darstellungen von ihm ohne Uniform – zum Glück immer mit Fell!

Philipp: Draw me like one of your french bears!

Daniel: Ich meine, ein Bär ist nur so mächtig wie sein Fell!

Philipp: Absolut! Also die Frage, die ich mir stelle… Nee, Moment, ich weiß es ja eigentlich, aber die Bärdigung war schon gut, oder?

Daniel: Die war großartig! Das war Heldendumm!

Philipp: Eine bärenstarke Geschichte!

Daniel: Eine dumme Geschichte! Wobei, es ist nicht dumm, es ist irgendwie faszinierend, find ich, aber schon irgendwie dumm.

Philipp: Es wird sicherlich noch dümmer!

Daniel: Es wird bestimmt noch dümmer! Also es muss dümmer werden – es kann gar nicht undümmer werden!

Philipp: Mit diesen Worten würde ich sagen, verabschieden wir uns aus dieser ersten Episode und sagen: An dieser Stelle sind wir zu finden auf… 

Daniel: Ich glaube, wir sind sogar nur auf heldendumm.de.

Philipp: Auf Twitter als @heldendumm_podcast? @heldendumm? @dummhelden? @helden?

Daniel: @heldenummpod!

Philipp: @heldenummpod!

Daniel: Oder man sucht einfach nach “Heldendumm Podcast”!

Daniel: Also ich meine, “heldendumm” ist schon ein sehr spezielles Wort!

Philipp: Wo wir gerade den Namen des Twitter-Accounts gehört haben: Ihr könnt natürlich auch heldendumm auf dem Pott hören – ganz klar.

Daniel: Ganz wichtig!

Philipp: Oder auch im Pott, wenn ihr zum Beispiel aus Dortmund kommt.

Daniel: Man kann sogar auch manche der Möglichkeiten einfach kombinieren!

Philipp: Absolut! Also wenn du in Dortmund auf dem Lokus sitzt, dann gibt es im Prinzip nichts Besseres als heldendumm!

Daniel: Das ist wohl wahr!

Philipp: Das ist das Wort zum Sonntag, und ich glaube, das ist ein gutes Ende!

Daniel: Das ist ein gutes Ende!

Philipp: Wir verabschieden uns bis zum nächsten Mal!

Daniel: Mach’s gut!

Philipp: Selber!